Was ist los mit der Kokerei Bottrop?
Seit dem 1. Juni 2011 wird die Kokerei durch den Stahlkonzern ArcelorMittal betrieben. Als technisch interessierter Mensch schlägt mein Herz höher, wenn ich an die Herausforderungen denke, die für den Betrieb einer solchen Anlage erforderlich sind. Durchaus kann man dem Betreiber der Anlage bescheinigen, einige umfangreiche Erneuerungen durchgeführt zu haben. Und am allerwichtigsten, hier wird mehr als 400 Menschen ein anspruchsvoller Arbeitsplatz geboten. Traurigerweise ist die wirtschaftliche Situation in der Stahlindustrie aus verschiedenen Gründen, vorsichtig ausgedrückt, als schwierig einzustufen. Die Stahlproduktion bei ArcelorMittal musste gedrosselt werden, das bedeutet, es wird weniger Koks aus Bottrop benötigt und es droht Kurzarbeit.
Da wurde der Löschturm komplett saniert, der alte Leitstand wurde durch voll digitalisierte Leitstände ersetzt. Eine mobile Entstaubungsanlage wurde in Betrieb genommen. Die Berieselungsanlage wurde erweitert. Sicherlich hat es weitere Maßnahmen gegeben, eine moderne, hocheffiziente Kokerei betreiben zu können.
Und doch, es überwiegen die schlechten Nachrichten. Die Nachricht und Empfehlung der Stadt Bottrop, dass Anwohner im Einzugsbereich der Kokerei besser auf den Verzehr von Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten verzichten sollten, hat Beunruhigung und auch Unmut ausgelöst. Sicherlich auch nicht hinnehmbar sind die bis heute immer wieder festgestellten schmierigen Staubpartikel auf Autos und Gartenmöbeln. Dies führte schließlich dazu , dass sich die Stadt Bottrop veranlasst sah, einen runden Tisch einzuführen. Am 3. Juni 2019 fand im Rathaus der Stadt Bottrop der erste Runde Tisch statt. Hier wurde dann ein Maßnahmenkatalog erstellt. Wichtigstes Ziel sollte es sein, den Zielwert für Benzo[a]pyren auf 1 ng/m³ (Nanogramm pro Kubikmeter) als Jahresmittelwert zu reduzieren. Der Zielwert für BaP-Immissionen ist in der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) festgelegt.
Benzo[a]pyren ist ein Polyzyklischer Aromatischer Kohlenwasserstoff (PAK). Er entsteht bei der Verbrennung von organischem Material wie z.B. Holz oder Kohle. (Quelle:Umweltbundesamt)
Am 4. Dezember 2019 hat dann die Stadt Bottrop erneut eingeladen.
Anwesend waren:
- 70 BürgerInnen
- Herr Jörn Pufpaff, Vorsitzender der Geschäftsführung und Herr Dr. Wiesendahl von der Betreiberin der Kokerei
- Frau Dr. Christel Wies, Abteilungsleiterin Umwelt und Arbeitsschutz bei der Bezirksregierung Münster
- Herr Osterhoff von der Bezirksregierung Münster
- Frau Angelika Nothoff vom Landesamt für Natur Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen
- Herr Klaus Strehl, Bürgermeister der Stadt Bottrop, Vorsitzender des Ausschusses Stadtplanung und Umweltschutz
- Herr Bernd Tischler, Oberbürgermeister der Stadt Bottrop
- Herr Klaus Müller, technischer Beigeordneter der Stadt Bottrop
- Herr Stefan Beckmann, Fachbereichsleiter Umwelt und Grün der Stadt Bottrop
- Herr Dr. Christian Marga, Amtsleiter Gesundheitsamt der Stadt Bottrop.
Die Leitung hatte der Oberbürgermeister der Stadt Bottrop, Bernd Tischler. Die Regeln für Wortmeldungen hat Herr Tischler kurz skizziert und die Tagesordnungspunkte aufgeführt. Die Veranstaltung hat um 17:00 Uhr begonnen und endete um 19:30 Uhr. Ich erspare es dem geneigtem Leser, hier ein komplettes Protokoll abzuliefern, sowohl auf der Internetseite der Stadt Bottrop als auch durch andere Medien ist der Kern der Veranstaltung bereits publiziert.
Viele Fragen blieben unbeantwortet oder hätten einer gezielten Nachfrage bedurft. Hier ein kleiner Ausschnitt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Da ist die Frage nach dem externen Gutachter, der defekte Türen als Ursache für die schlechten Zielwerte ausmacht. Warum konnte das die Bezirksregierung, die immer wieder Kontrollbesuche, auch unangemeldet, durchführt, nicht erkennen? Wer wird bei der großen Anzahl an Öfen die ganzen Türen und Fülllöcher überprüfen? Wird erneut ein Gutachter benötigt? Wer beauftragt diesen?
Der Einsatz von Petrolkoks, der beim Verkokungsprozess beigefügt wird, ist fragwürdig. Hier will die Bezirksregierung nochmal prüfen, ob diese erteilte Genehmigung noch zeitgemäß ist. Warum wird hier so spät reagiert? Jahrelang wurde Petrolkoks von Shell bei der Kokerei Prosper verwertet. Jetzt wird Petrolkoks aus den USA beim Verkokungsprozess verwendet. Ist hier geklärt, dass es sich nicht auch hierbei um Raffinerie-Abfall handelt?
Herr Dr. Christian Marga, Amtsleiter des Gesundheitsamtes der Stadt Bottrop, hat erklärt, dass es für Krebserkrankungen keine Identifikation gibt, die einen Zusammenhang zur Kokerei erkennen. Die Grenzwerte für Benzo(a)pyren sind eindeutig zu hoch und somit als krebsgefährdend eingestuft. Ist das kein Zusammenhang?
Die Hochfackel ist ein sichtbares Zeichen, dass nicht alles im grünen Bereich ist auf der Anlage. Für die Hochfackel gibt es eine Genehmigung als Notfackel, ihr Einsatz ist zeitlich beschränkt. Wie lange ist zeitlich begrenzt? Werden Messungen der Emissionen durchgeführt?
Lärmbelästigung ist angefragt worden und wurde von keiner Seite, weder von der Bezirksregierung noch von der Betreiberin, beantwortet. Gibt es hierzu Immissionsmessungen?
Der nächste runde Tisch ist geplant für April 2020.
Bis dahin hoffe ich, dass bessere Messwerte vorgelegt werden können und dass Wortmeldungen, so berechtigt jede einzelne auch ist, organisierter vorgetragen werden können.
Herr Jörn Pufpaff hat erklärt, dass er gerne jeden Interessierten zu einer Besichtigung der Kokerei einlädt. Ich finde, das sollte ich annehmen. Meine gewonnenen Erkenntnisse dabei sind dann natürlich auch einen Bericht auf dieser Seite wert.
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